Ladestation für Elektroauto nachrüsten im Wohnungseigentum – Right to plug?

Die Dichte an Elektroautos nimmt stetig zu. Vor allem in Städten steht man vor dem Problem, dass nicht jeder Eigentümer einer Wohnung die Möglichkeit hat, sein Elektroauto zu laden. Dabei ist die Lademöglichkeit zu Hause („Wallbox“) eine Grundvoraussetzung, um ein Elektroauto komfortabel zu nutzen. In der Regel ist die Lademöglichkeit auch eine Voraussetzung für die Anschaffung eines Elektroautos. Der gegenständliche Artikel widmet sich der Frage, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen sind, um die Nachrüstung einer Ladestation für Ihr Elektroauto zu erreichen.

1. Allgemeine Situation für die Nachrüstung einer Ladestation

Bei der Installation einer Ladestation samt Wallbox in einer Garage werden allgemeine Teile in Anspruch genommen. Insbesondere werden die Begrenzungswände der einzelnen Stellplätze und der Hauptverteilerzählerkasten verwendet. Nach derzeitiger Rechtslage und Judikatur muss ein Wohnungseigentümer für die nachträgliche Nachrüstung einer Ladestation die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer einholen. Es handelt sich hierbei um eine von den anderen Wohnungseigentümern zu genehmigende Maßnahme im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes.

2. Was, wenn ich nicht die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer vor der Nachrüstung einer Ladestation für mein Elektroauto einhole?

Wird die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer nicht eingeholt, dann sind die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer zivilrechtlich berechtigt, den Wohnungseigentümer, welcher eine Ladestation für sein Elektrofahrzeug ohne Vorliegen sämtlicher Zustimmungserklärungen errichten lässt, auf Beseitigung und Unterlassung der Ladestation (samt Wallbox) zu klagen. Dies gilt auch, wenn der Mieter des Wohnungseigentümers dies tut.

3. Was tun, wenn ein Wohnungseigentümer seine Zustimmung zur Errichtung einer Ladestation für mein Elektroauto verweigert?

Nur weil einzelne Wohnungseigentümer sich weigern, die Zustimmung zu erteilen, heißt es noch lange nicht, dass die Nachrüstung der Ladestation scheitert. Tatsächlich besteht die Möglichkeit, sich die fehlende Zustimmung durch das örtlich zuständige Bezirksgericht im Außerstreitverfahren ersetzen zu lassen.

Die fehlende Zustimmung wird in der Regel ersetzt, wenn eine „Vorrichtung zum Langsamladen“ nachgerüstet wird. Was kann man unter dem Begriff „Langsamladen“ verstehen? Darunter fällt nicht nur eine Ladestation zum einphasigen Laden, sondern auch zum dreiphasigen Laden mit 5,5 kW.  Nicht darunter fallen jedoch Ladestationen, die das dreiphasige „Normalladen“ mit einer Ladeleistung von bis zu 22 kW ermöglichen.

Die Ladestation für das Elektroauto muss selbstverständlich durch einen gewerberechtlich befugten Professionisten (Elektriker) montiert werden, da ansonsten die Zustimmung nicht ersetzt werden wird. Informationen über die Befugnisse des Professionisten können im Gewerbeinformationsregister (GISA) abgerufen werden.

4. Wurde die Nachrüstung von Ladestationen für Elektroautos durch die WEG-Novelle 2022 leichter?

Die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes erleichtert die außergerichtliche Erwirkung einer Zustimmung von Wohnungseigentümern zur Errichtung einer Ladestation für Elektroautos. Wenn ein Wohnungseigentümer die anderen Wohnungseigentümer über sein Vorhaben qualifiziert verständigt und diese nicht innerhalb von zwei Monaten widersprechen gilt die Zustimmung erteilt. Wird widersprochen, dann muss die Zustimmung durch das Bezirksgericht im Gerichtsverfahren ersetzt werden.

Diese Erleichterung ist am 01.01.2022 in Kraft getreten.

5. Wie muss diese Verständigung der anderen Wohnungseigentümer zur Nachrüstung einer Ladestation für mein Elektroauto erfolgen?

In der Verständigung muss die beabsichtigte Nachrüstung der Ladestation („Wallbox“) klar und verständlich beschrieben und müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden.

Die Verständigung hat durch Anschlag an einer für alle Wohnungseigentümer deutlich sichtbaren Stelle des Hauses (bei mehreren Häusern oder mehreren Stiegenhäusern an einer entsprechenden Mehrzahl solcher Stellen) zu erfolgen. Weiters müssen Sie die Verständigung sämtlichen Wohnungseigentümern durch Übersendung schriftlich zur Kenntnis bringen.

Wird innerhalb von zwei Monaten nicht widersprochen, so gilt die Zustimmung erteilt. Wird widersprochen, kann die Zustimmung durch das Bezirksgericht im Außerstreitverfahren ersetzt werden.

6. Wie können Wohnungseigentümer der Nachrüstung der Ladestation widersprechen?

Ein Widerspruch muss dem die Änderung anstrebenden Wohnungseigentümer auf Papier oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form (=E-Mail) übermittelt werden.

7. Unsere Expertise – Ihr Erfolg bei der Umsetzung Ihres Nachrüstungsvorhabens

Die im Immobilienrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei Mag. Erwin Dirnberger berät sie gerne bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Nachrüstung einer Ladestation für Ihr Elektrofahrzeug. Dabei ist das primäre Ziel, die Zustimmung außergerichtlich zu erwirken, da dies den Nachbarschaftsfrieden wahrt. In diesem Zusammenhang sind Transparenz und eine gute Vorbereitung wichtig. Sollte die Zustimmung außergerichtlich nicht erteilt werden, dann erleichtert eine vorbereitete Vorgehensweise die Erwirkung einer gerichtlichen Zustimmung im Prozess und spart Ihnen Kosten.

Die zuständigen Ansprechpartner sind RA Mag. Erwin Dirnberger und RAA Mag. Philip Fabry LL.M.

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