Warum man Nachbars Bautätigkeit im Auge behalten sollte

Ein Hauseigentümer setzte eine Klimaanlage aufs Dach. Bei der Bewilligung übergangen, konnte der Nachbar keine Einwendungen mehr erheben. Die Frist war abgelaufen.

Einmal wurde die Klimaanlage nach einer Beschwerde des Nachbarn schon neu positioniert, aber jetzt bleibt sie wohl fix, wo sie steht. Denn obwohl sich der Nachbar diesmal sogar mit formellen Einwendungen bei der Behörde meldete, werden seine Bedenken nicht mehr berücksichtigt. Er hat unverschuldet eine nur dreimonatige Frist ab dem Umbau versäumt.

Ein Hauseigentümer in Wien Donaustadt hatte im Jahr 2016 zwei Außengeräte auf dem Dach seiner Garage angebracht, die direkt ans Grundstück des Nachbarn grenzt. Auf eine Einhausung verzichtete er ebenso wie auf ein Ansuchen um Baubewilligung. Denn die sei nicht nötig, dachte er.

Bewilligung später eingeholt

Bis er „vom Rathaus“ über Beschwerden gegen die Klimageräte informiert wurde sowie darüber, dass diese sehr wohl einer baubehördlichen Bewilligung bedürften. Daraufhin demontierte der Eigentümer die Geräte. Ausgestattet mit einem Privatgutachten eines gerichtlich zertifizierten Sachverständigen suchte er um die Bewilligung an; nur auf Basis der Einreichunterlagen und ohne mündliche Verhandlung genehmigte der Wiener Magistrat 2018 das Werk. Der Nachbar wusste davon nicht und konnte auch keine Parteistellung im Verfahren erreichen, sodass er keine Einwände erheben konnte. Wie in der Bewilligung vorgeschrieben, positionierte der Eigentümer die Geräte weitestmöglich von der Grundstücksgrenze (3,11 Meter) entfernt und hauste sei ein.

Die Einwände waren damit aber nicht aus der Welt. Nachdem der Hauseigner den Nachbarn wieder zwei Jahre später über die vorhandene Bewilligung informierte, wandte dieser sich an den Magistrat und beklagte sich über Lärmimmissionen, die Störung der Nachtruhe und eine damit einhergehende Gesundheitsgefährdung der Bewohner seiner Liegenschaft. Er ließ sich den Bewilligungsbescheid zustellen und beschwerte sich dagegen.

„Bei längerer Abwesenheit Vorsorge durch Vertretung treffen“

Doch das Verwaltungsgericht Wien wies die Einwendungen der übergangenen Partei zurück, ohne inhaltlich darauf einzugehen: Sie seien verspätet, da nur längstens drei Monate nach Baubeginn möglich. Dagegen wandte der Nachbar ein, dass diese Frist nur zu laufen begonnen hätte, wenn eine Verhandlung stattgefunden hätte. Tatsächlich heißt es in der Wiener Bauordnung, dass ein Nachbar Einwendungen gegen die Bauführung „auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen“ könne.

Der Nachbar scheiterte trotzdem mit seinem Protest. Denn der Verwaltungsgerichtshof stellte erstmals klar, dass es sich bei den drei Monaten um eine absolute Frist handle, egal, ob der Nachbar schuld sei am Versäumen früherer Einwände oder nicht. Dafür habe sich der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit entschieden, argumentierte der VwGH (Ra2022/05/0202). Das kann auch als Appell gelesen werden, immer ein Auge auf eine etwaige Bautätigkeit nebenan zu haben – oder haben zu lassen: „Der Nachbar wird insofern in die Pflicht genommen, als er bei längerer Abwesenheit oder sonstiger Verhinderung durch eine Vertretung Vorsorge gegen bedenkliche, ihm nicht bekannte Bauführungen auf angrenzenden Liegenschaften treffen muss.“

„Dürften viele nicht wissen“

Die Passage in der Bauordnung (BO) „auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung“ ist laut VwGH im Sinn von „selbst nach“ oder „sogar nach“ diesem Moment zu verstehen. „Die absolute Dreimonatsgrenze des § 134 Abs 4 BO ist auch auf jene Fälle anwendbar, in denen eine – an sich vorgesehene – Bauverhandlung nicht durchgeführt wurde.“ Erwin Dirnberger, Anwalt des Bauwerbers mit der Klimaanlage ist erfreut über die Klärung, warnt aber: „Dass diese Frist absolut ist, wissen vermutlich nicht viele.“

(Mit freundlicher Genehmigung der Tageszeitung „Die Presse“ und Benedikt Kommenda. Der Artikel wurde am 24.06.2024 veröffentlicht.)

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